Im Verlaufe des letzten Jahres ist mir Emacs überraschenderweise ans Herz gewachsen. Zunächst ging es ja nur darum mit Org-mode einen Ersatz für Evernote zu schaffen, aber dann hat evil auf einmal Vim ersetzt und auf einmal war Emacs mein Standard-Werkzeug in Sachen Textbearbeitungen aller Art. Natürlich wollte ich diesen Luxus auf all meinen Systemen haben, zum Glück ist Emacs plattformunabhängig. Meine init.el
war, obwohl fein säuberlich in einzelne Dateien gegliedert, es allerdings nicht. Nach jeder Änderung mussten die betreffenden Abschnitte auf meiner Windows-Kiste händisch angepasst werden. Lästig, aber zu dem Zeitpunkt noch im Rahmen.
Jetzt kam eine zweite Windows-Maschine dazu und aus lästig wurde inakzeptabel. Also musste eine neue Lösung her, am Besten eine Art Single-Point-Of-Configuration um zwischen den einzelnen Systemen umzuschalten. Org-mode und Babel to the rescue!
s/[init.el|emacs.el]/emacs.org/
Zunächst gilt es natürlich die init.el
bzw. deren Bestandteile in ein entsprechendes Org-mode-Dokument zumzuziehen, die Introduction to Babel verrät was es damit auf sich hat. Die Grundidee dabei ist, den Inhalt der init.el
in Emacs-Lisp-SRC-Blöcke aufzuteilen und beim Start von Emacs diese Blöcke aus der Org-mode-Datei zu extrahieren und zusammen als Konfiguration zu laden. Soweit so gut.
Nun möchte ich aber nicht alle SRC-Blöcke laden, sondern nur die für die jeweilige Maschine relevanten, zur Unterscheidung bieten sich hierbei Tags an. Im untenstehenden Codebeispiel ist ein Auschnitt aus einer Org-mode-Datei zu sehen, die unter der Überschrift “Pfade” zwei Alternative Konfigurationen enthält. Getaggt sind die Unter-Überschriften mit dem Namen des jeweiligen Rechners. Die Magie passiert jetzt in den Zeilen 3 bzw. 11, im Header der einzelnen SRC-Blöcke.
* Pfade
** base :my-linux-box:
#+BEGIN_SRC emacs-lisp :tangle (and (car (member tangle-tag (org-get-tags-at (point)))) "yes")
;; org-directory
(setq org-directory "~/org/")
;;; more configuration
#+END_SRC
** alternative :my-windows-box:
#+BEGIN_SRC emacs-lisp :tangle (and (car (member tangle-tag (org-get-tags-at (point)))) "yes")
;; org-directory
(setq org-directory "C:/Users/username/Documents/org/")
;;; more configuration
#+END_SRC
Der Audruck (and (car (member tangle-tag (org-get-tags-at (point)))) "yes")
prüft, ob in den Tags der aktuellen Org-Überschrift der Inhalt der Variable tangle-tag
enthalten ist und setzt in dem Fall den Wert des :tangle
-Parameters auf "yes"
. D.h. es werden nur die SRC-Blöcke extrahiert die mit dem tangle-tag
getaggt sind. Hört sich schon mal gut an, fehlt nur noch eine Kleinigkeit.
Die init.el austauschen
Nachdem die Emacs-Konfiguration jetzt ordentlich aufgeteilt und getaggt ist, muss sie nur noch gemäß den Tags aus der Org-mode-Datei extrahiert und geladen werden. Dafür sorgt folgende init.el
(siehe auch die Introduction to Babel):
(package-initialize)
(setq tangle-tag "my-linux-box")
(setq dotfiles-dir (file-name-directory (or (buffer-file-name) load-file-name)))
(setq package-enable-at-startup nil)
(require 'org)
(require 'ob-tangle)
(mapc #'org-babel-load-file (directory-files dotfiles-dir t "\\.org$"))
Relevant ist vor allem Zeile 3, in der tangle-tag
entsprechend der aktuellen Maschine gesetzt wird. Diese Anpassung ist auf jedem System einmalig vorzunehmen. Die letzte Zeile lädt jetzt alle *.org
-Dateien im gleichen Verzeichnis wie die init.el
, extrahiert alle Emacs-Lisp-Blöcke und lädt diese in Emacs. Das Ergebnis: Eine Emacs-Konfiguration die nur Code enthält, der für das aktuelle System getaggt wurde. Nice.
Zurücklehnen und genießen
Mit diesem Setup ist es jetzt möglich einzelne Teile der Konfiguration nur auf bestimmten Rechnern zu laden, z.B. werde ich auf meinen Linux-Kisten eher nicht in Verlegenheit kommen den VBA-Mode zu brauchen. Es passiert auch nicht mehr dass Emacs nicht richtig startet, weil ein Paket noch nicht installiert, aber schon konfiguriert ist. Die Lösung ist zwar besser als der vorherige Zustand, aber so richtig perfekt ist sie trotzdem noch nicht, da noch viel händisches refactoring notwendig ist um mehrfach genutzte Optionen an die richtigen Stellen zu verschieben und dabei nichts zu vergessen. Dafür lässt sich jetzt die volle Kraft von Org-mode nutzen um in der Konfiguration zu navigieren und ich kann die aktuelle Version der Konfigurationsdatei einfach auf einen Rechner schmeißen ohne Angst zu haben, dass Teile davon nicht geladen werden können. Nice.